Haben wir uns als Paar auseinandergelebt?

Was können wir dagegen tun? Wieso warten wir so lange bis wir Unterstützung suchen?

Als Paartherapeutin erlebe ich immer wieder Paare, welche sehr spät oder zu spät eine Paartherapie/Paarberatung aufsuchen. Die Paare erzählen jeweils von jahrelangen Konflikten, einer emotionalen Distanz, welche sich zwischen ihnen als Paar breit gemacht hat. Häufig höre ich, dass die Frau immer wieder versucht habe, die unbefriedigende Situation anzusprechen, jedoch von ihrem Partner nicht gehört worden sei und sich immer mehr und mehr zurückgezogen habe. Vom Mann erfahre ich, dass er gemerkt habe, dass etwas nicht stimme, er es jedoch aus Angst nicht geschafft habe, nach zu fragen. Er habe gehofft, es werde wieder besser, am Wochenende, in den kommenden Ferien, später.

Bis zum Tag X als für die Frau klar geworden ist, dass sie so wie bisher nicht mehr zusammenleben könne und wolle.

In den meisten Situationen ist dies für die Männer ein Schock. Manchmal sind sie auch froh, dass das Thema endlich auf dem Tisch ist, da sie ja selber bemerkt haben, dass sich eine grosse Distanz zwischen ihnen als Paar eingenistet hat. Die Männer sind in diesen Situationen jeweils bereit, alles zu probieren und Vieles zu verändern, damit sie ihre Partnerin nicht verlieren. Für einen Teil der Frauen ist dies häufig bereits zu spät, da sie sich innerlich bereits seit längerer Zeit von der emotionalen Beziehung zu ihrem Partner verabschiedet haben. Oft steht dann das Wort Trennung im Raum.

Ich stelle mir als Paartherapeutin immer wieder die Frage, wieso es diesem Paar nicht gelungen ist, früher Unterstützung zu holen. Wir sind in vielen Bereichen in unserem Leben offen und bereit Fachkräfte aufzusuchen, wenn es um Gesundheit, Fitness, Finanzen, Reisen etc. geht. Für den wichtigsten Teil unseres Lebens „die Partnerschaft“ erwarten wir, dass es von alleine gehen muss. Es wird ausgeharrt, gehofft, verdrängt und resigniert, anstatt Unterstützung von einer Fachperson geholt.

Ich bin überzeugt, dass in den meisten Fällen, wenn Paare mit ihren Themen früher Unterstützung suchen würden, Paare besser, erfüllter zusammenleben könnten und es weniger zu Trennungen kommen würde.

Die Situation, dass sich ein Paar nach einer längeren Beziehung auseinanderlebt oder Konflikte nicht gelöst werden können, ist das normalste der Welt. Ich wünsche mir, dass es auch das Normalste der Welt wird, sich fachlich unterstützen zu lassen, damit könnte viel Schmerz und Leid vermieden werden.

Machen Sie den Schritt!

Barbara Hurni Spiegel

Paar- und Familientherapeutin